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1. Das Deutsche Reich - S. 134

1905 - Berlin : Mittler
134 — 2. Die deutschen Wasserstraßen, a. Geschichtliche Entwicklung- der Binnenschiffahrt. Schon vor der Römerherrschaft in Deutschland bestand hier ein reges Verkehrsleben. Da die Landwege höchst mangelhaft waren, erlangten mit den ersten Anfängen der Kultur die schiffbaren Flüsse eine hohe Be- deutung für den Güter- und Personenverkehr. Die ersten größeren An- siedlungen findet man deshalb auch an den wichtigeren Flußläufen. Die Transportmittel waren in jener Zeit von der einfachsten Art und bestanden nur in Floß und Kahn. Die Donaustraße. Als die ältesten Schiffahrtsstraßen in Deutschland sind Rhein und Main anzusehen. Ihnen schloß sich später die Donau an, die nach und nach eine hohe Bedeutung in dem Verkehr mit Konstantinopel erlangte, und an der Regensburg und Passau zu wichtigen Verkehrsplätzen emporblühten. Auf der Donau wurden schon zur Zeit Karls des Großen von Konstantinopel her orientalische Waren, wie Gewürze, Öl, Seide, seidene Gewänder, Gold- stoffe, Purpurmäntel und Früchte, ein-, Leinwand, Woll- und Metallwaren dagegen ausgeführt. Aus dieser Bedeutung der Donau erklärt es sich, daß Karl der Große der Anregung zum Bau eines Kanals zwischen Donau und Main folgte. Doch kam dieses Unternehmen über seine ersten An- fänge nicht hinaus. Mit dem Niedergange Konstantinopels als eines Haupthandelsplatzes um das Jahr 1200 verliert auch die Donauwasserstraße ihre Bedeutung für Deutschland. Im 13. Jahrhundert knüpften dann die süddeutschen Städte mit Venedig und Genua, die den Handel mit dem Orient an sich gerissen hatten, Verkehrsbeziehungen an und gaben infolgedessen die Be- nutzung der Donau ganz auf. Die Rheiiiseliifyalirt. Das Aufblühen der italienischen Handelsrepubliken blieb nicht ohne Einfluß auf die Rheinschiffahrt. Der Rhein erlangte im Mittelalter gleichsam die Bedeutung einer Welthandelsstraße, da auf ihm sich der lebhafte Güteraustausch zwischen Italien und den Niederlanden vollzog. Doch hatte die Rheinschiffahrt im späteren Mittelalter derartig unter Zöllen, Raubrittertum und Stapelgerechtigkeiten zu leiden, daß die Schiffer ernstlich erwogen, die Schiffahrt ganz einzustellen. Etwa zur Zeit Karls des Großen entstanden die Rheinzölle, die auf die Entwicklung der Rheinschiffahrt einen verderblichen Einfluß aus- übten. Leider haben sie sich bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts er- halten. Zu der Zollplage gesellten sich Stapelgerechtigkeiten und Fluß rä über ei, die der Rheinschiffahrt fast den Garaus machten. Auf Grund des Stapehechts zwangen Städte, wie Köln, Mainz und Speyer, die vorüberziehenden Kaufleute, ihre Waren auf den Märkten genannter Städte vor ihrer Weiterreise feilzubieten. Die Flußräuberei, die im 13. Jahr- hundert ihren Höhepunkt erreichte, war ein so einträgliches Geschäft, daß die Raubritter ihre eigenen Raubschiffe halten konnten. Nur den schlechten Landstraßen war es zu danken, daß die drei feindlichen Genossen des

2. Das Deutsche Reich - S. 49

1905 - Berlin : Mittler
49 3. Industrie. Unvergleichlich großartig und mannigfaltig innerhalb der deutschen Gaue hat sich die industrielle Tätigkeit der fleißigen, lebensfrohen und intelligenten Bevölkerung ent- wickelt. 2800 qkm umfaßt das gesamte Industriegebiet, und etwa 3 Mill. Menschen sind daselbst beschäftigt. Der Grund zu diesem ungeheuren Aufschwünge ist zu suchen in der allgemeinen Besiedlungsmöglichkeit des Schiefer- gebirges, dem Reichtum seiner triebkräftigen Gewässer und in der schier unerschöpflichen Fülle an Eisenerzen und Kohlen. Wir betrachten der Reihe nach die Stätten der industriellen Tätigkeit. 1. Rechts des Rheins: a) im Wuppergebiet, b) im Ruhr- gebiet. 2. Am Niederrhein, 3. links des Rheins. Reclits des Rheins. (Sauerland.) a) Das Wuppergebiet ist vor allem Sitz der Baum- woll-, Woll- und Metallwarenerzeugung. Lennep (9000) versendet seine vorzüglichen Tuche bis nach Amerika. Auf mehr als 50 qkm Fläche bilden die beiden Schwesterstädte Elberfeld (156 000) und Barmen (140 000) mit ihren Vororten einen großartigen Webeindustriebezirk. Den Mittelpunkt der Metallwarenfabrikation (Klein- eisenindustrie) bilden Solingen (45 000) und Remscheid (45 000). Während Sohngen das Zentrum der deutschen Schneidewaren- und Waffenerzeugung ist und viele Millio- nen Dutzend Messer, Gabeln, Scheren jährlich nach allen Welt- gegenden versendet, bildet Remscheid den ersten Weltplatz für Schlittschuhe und Velbert mit Umgegend denjenigen für Schlösser. b) Im Gebiete der Ruhr hat sich im Zusammenhange mit der Eisenverhüttung die Großeisenindustrie zu beispiel- loser Großartigkeit entwickelt. Den Glanzpunkt bildet Essen (112 000) mit dem Krupp- schen Etablissement. Das Hauptwerk dieser größten aller Fabrikanlagen der Welt ist die Gußstahlfabrik in Essen selbst mit 26 000 Arbeitern. Viele Hundert Dampfmaschinen, -kessel, -kräne, -hammer, Tausende von Arbeits- und Werkzeugmaschinen, mehr als 30 gewaltige hydraulische Pressen sind hier Tag und Nacht in Tätigkeit und verschlingen täglich durchschnittlich 64000 Zentner oder 320 Eisenbahnwaggons Koks und Kohlen. Das Elek- trizitätswerk der Fabrik speist etwa 900 Bogenlampen, 8000 Glüh- lampen und 200 Elektromotoren. Das normal- und schmalspurige Eisen- bahnnetz hat über 100 km Gleislänge; 50 Lokomotiven und 2000 Wagen dienen daselbst dem Verkehr. Wolff —Pflug, Wirtschaftsgeographie. I. 4

3. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 34

1908 - Berlin : Süsserott
— 34 — Norddeutsche Lloyd und die Hamburg-Amerika-Linie nebst einigen englischen Gesellschaften den Verkehr mit den größeren europäischen und überseeischen Häfen. Als Nebenland ist der Kongostaat zu nennen. Mit Belgien seit 1885 durch Personal-Union verbunden, wird dieser afrikanische Staat in allernächster Zeit belgischer Besitz sein. Bestimme Lage und Begrenzung ! Der Kongostaat ist etwa viermal so groß wie Deutschland. Den Ozean erreicht er nur auf eine kurze Strecke. Der Bodengestalt nach gehört der Kongostaat zum mittel- afrikanischen Tafellande, das von Urwäldern und unfruchtbaren Savan- nen erfüllt und vom Kongo und seinen Nebenflüssen bewässert wird. Die vielen Wasserfälle (nenne nach der Karte die größeren!) gestatten keinen ununterbrochenen Schiffsverkehr. Für afrikanische Verhältnisse ist der Kongostaat dicht bevölkert (ungefähr 30 Mill. Bantuneger). Die Hauptprodukte sind Kautschuk (Jahresausbeute für 34 Mill. M), Elfenbein (der Kongostaat liefert ein Drittel des gesamten Weltverbrauchs), Palmöl, Kopal, Kaffee, Kakao, Erdnüsse, Häute und Tabak. Eingeführt werden Stoffe aller Art, Nahrungsmittel, Getränke, Waffen und Munition. Der Außenhandel, der sich schnell entwickelt, hegt fast ganz in den Händen Belgiens. Der einzige Hafenplatz ist Boma, außerdem zu merken Leopoldville am Kongo. Ein lebhafter Güteraustausch zwischen dem Gebiete des Kongostaates und Deutsch- Ostafrika findet auf dem Tanganyikasee statt.

4. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 9

1913 - Leipzig : Hahn
9 zum Schlafengehen war es der Gedanke an die bald bevor- stehende, sehnlichst gewünschte Ruhe, der nun über das Unan- genehme und Mühsame der Arbeit wieder seinen tröstlichen Schimmer verbreitete. Freilich wußte man, daß den folgenden Tag der Kreislauf des Lebens so von vorn wieder anfing. Aber auch diese zu- letzt ermüdende Einförmigkeit im Leben wurde durch die Hoff- nung auf den Sonntag wieder auf eine angenehme Art unter- brochen. Wenn der Reiz des Frühstücks, des Mittag- und des Abendessens nicht mehr hinlänglich war, die Lebens- und Arbeits- lust zu erhalten, dann zählte man, wie lange es noch bis auf den Sonntag war, wo man einen ganzen Tag von der Arbeit feiern und einmal aus der dunkeln Werkstatt vors Tor hinaus in das freie Feld gehen und des Anblicks der freien, offenen Natur genießen konnte. O, welche Reize hat der Sonntag für den Handwerksmann! Er kann es ganz fühlen, was für ein großer, herrlicher, menschenfreundlicher Sinn im dritten Ge- bote liegt! Und wie freute sich Anton auf den Sonntag! Sein Mitlehrling hatte ihm versprochen, ihn künftigen Sonntag mit in die Bruderkirche zu nehmen, deren Prediger ihn oft erschüttert und bewegt habe. Der Sonntag kam heran. Anton stand früher als gewöhnlich auf, verrichtete seine Geschäfte und kleidete sich an. Als ge- läutet wurde, hatte er schon eine Art angenehmen Vorgefühls dessen, was er nun bald hören werde. Man ging zur Kirche. Die Straßen, die nach der Bruderkirche führten, waren voller Menschen, die in Menge hinzueilten. Als die beiden Lehr- linge in die Kirche kamen, konnten sie kaum noch ein Plätzchen der Kanzel gegenüber finden. Die Kirche war ein altes gotisches Gebäude mit dicken Pfeilern, die das hohe Ge- wölbe unterstützten, und ungeheuer langen, bogigen Fenstern, deren Scheiben so bemalt waren, daß sie nur ein schwaches Licht durchschimmern ließen. So war die Kirche schon von Menschen erfüllt, ehe der Gottesdienst noch begann. Es herrschte eine feierliche Stille. Auf einmal ertönte die vollstimmige Orgel, und der ausbrechende Lobgesang einer solchen Menge von Menschen schien das Gewölbe zu erschüttern. Als der letzte Gesang zu Ende ging, waren aller Augen auf die Kanzel ge- heftet , und man bezeigte nicht minder Begierde, den Prediger zu sehen als zu hören. Endlich trat er hervor und kniete auf den untersten Stufen der Kanzel, ehe er hinaufstieg. Dann er- hob er sich wieder, und nun stand er da vor dem versammelten Volke. Er sprach nach Anleitung des Evangeliums gegen Un- gerechtigkeit und Unterdrückung, gegen Üppigkeit und Ver- schwendung. Er erinnerte an die Zeiten des Krieges, an die Belagerung der Stadt, an die allgemeine Gefahr, in der die Not

5. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 13

1913 - Leipzig : Hahn
13 12. Die Ueujahrsnachl eines Unglücklichen. Ein alter Mensch stand in der Neujahrsnacht am Fenster und schaute verzweiflungsvoll auf zum unbeweglichen, ewig blühenden Himmel und wieder herab auf die stille, reine, weiße Erde, worauf jetzt niemand so freuden- und schlaflos war wie er. Der Kirchhof lag vor ihm, sein nahes Grab war bloß vom Schnee des Alters, nicht vom Grün der Jugend verdeckt, und er brachte nichts mit aus dem ganzen reichen Leben, nichts mit als Irrtümer, die Brust voll Gift und ein Alter voll Reue. Seine schönen Iugendtage wandten sich heute als Gespenster um und zogen ihn wieder vor den Hellen Morgen hin, wo ihn sein Vater zuerst auf den Scheideweg des Lebens gestellt hatte, der rechts auf der Sonnenbahn der Tugend in ein weites, ruhiges Land voll Licht, in die Heimat der Enge! bringt, und welcher links in die Maulwurfsgänge des Lasters hinabzieht, in eine schwarze Höhle voll heruntertropfenden Gifts, voll zischender Schlangen und finsterer, schwüler Dünste. Ach, die Schlangen hingen um seine Brust und die Gifttropfen auf seiner Zunge, und er wußte nun, wo er war. Sinnlos und mit unaussprechlichem Grame rief er zum Himmel hinauf: „Gib mir meine Jugend wieder! Cd Vater! stelle mich wieder auf den Scheideweg, damit ich anders wähle!" Aber sein Vater und seine Jugend waren längst dahin. Er sah Irrlichter auf Sümpfen tanzen und auf dem Gottesacker er- löschen, und er sagte: „Es sind meine törichten Tage." — Er sah einen Stern aus dem Himmel fliehen und im Falle schimmern und auf der Erde zerrinnen. „Das bin ich", sagte sein blutendes Herz, und die Schlangenzähne der Reue gruben sich tiefer ein in seine Munden. Die Einbildungskraft zeigte ihm schleichende Nachtwandler auf den Dächern, und die Mindmühle hob ihre Arme drohend zum Zer- schlagen auf, und im leeren Totenhause nahm eine zurückgebliebene Larve allmählich seine Züge an. Mitten in seiner Angst floß plötzlich die Musik für das Neujahr vom Turme hernieder wie ferner Kirchengesang. Er wurde sanfter bewegt, er schaute nach dem Himmel und über die weite Erde und dachte an seine Jugendfreunde, die nun, besser und glücklicher als er, Lehrer der Erde, Väter glücklicher Kinder und gesegnete Menschen waren, und er sagte: „Cd ! ich könnte auch, wie ihr, diese erste Nacht des Jahres mit trockenen Augen verschlummern, wenn ich gewollt hätte; ach, ich hätte glücklich sein können, ihr teuern Eltern, wenn ich eure Neujahrswünsche und Lehren erfüllt hätte!" In seinem reuevollen Andenken an seine Iünglingszeit kam es ihm vor, als richte sich die Larve mit seinen Zügen im Totenhause auf; endlich wurde sie in seiner Einbildung zu einem lebendigen

6. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 38

1913 - Leipzig : Hahn
38 24. Trinker-Ausreden. Eine der Hauptursachen der Krankheiten ist die Unkenntnis des Volkes in gesundheitlichen Fragen. Die große Menge, ob gebildet oder ungebildet, lebt nach Grundsätzen und Anschauungen, die die Gesundheit untergraben. Ein Kernpunkt der Lebenskunstist die Ernährung, die richtige Auswahl von Speise und Trank. Über kein Gebiet aber herrschen so viele und so große Irrlehren wie über die Frage: Was soll der Mensch trinken? Wissenschaftliche Tatsachen, die tägliche Erfahrung, das Handgreiflichste wird auf den Kopf gestellt, um dem Genusse von Wein, Bier und Branntwein mit Gewissensruhe frönen zu können. Welche Ausreden sind es denn, womit der Trinker sein Gläschen beschönigt? „Ich habe Durst", sagt der eine. Und doch * hat er schon oft erlebt, wie er nach einem fidelen Abend, an dem er mit so und so viel Glas den Riesendurst bezwungen, nachts vor Durst erwacht und gierig nach der Wasserflasche greift. Der Alkohol, den er im Wein, Vier und Schnaps zu sich genommen, hat im Körper den Wassergehalt vermindert und sein Flüssigkeitsbedürfnis gesteigert. Er will sich mit Wein und Bier den Durst stillen, obwohl er längst erfahren hat, daß Alkohol Durst erzeugt. Wer würde an einem Abend 5 bis 10 Seidel Wasser trinken? Es ist unmöglich; denn der Durst wäre schon nach dem ersten Seidel gefüllt. „Ich friere, mir ist zu kalt — ich muß mich durch ein Gläschen wärmen", sagt ein anderer, und doch belehrt ihn das Thermo- meter, daß bei Genuß von Wein, Bier und Branntwein die Blut- wärme sinkt. Der Alkohol lähmt gewisse Teile des Gehirns, sodaß die Blutgefäße der Haut sich erweitern und eine Blutflut zur Haut entsteht; dies zeigt das rote Gesicht und das scheinbare Gefühl der Erwärmung. Diese Täuschung ist die Ursache des Erfrierens all jener Unglücklichen, die durch ein Schnäpschen sich Wärme zu schaffen versuchten; denn die Blutflut in der Körperoberfläche gibt leicht ihre Wärme an die kalte Umgebung ab, bis das Blut immer mehr und mehr sich abkühlt. Sonderegger sagt in seinem trefflichen Buche „Vorposten der Gesundheitspflege": „Ich wunderte mich über die Fuhrleute in Kasan, die zu Hunderten den Frachtverkehr besorgen, wie sie bei einer Kälte von 30 bis 35* C Tag und Nacht auf den Beinen sein können und, um von Staüon zu Staüon zu gelangen, stets mehrere Stunden unterwegs sein müssen. Meistens sind diese Fuhrleute Tataren, die mit höchst seltenen Ausnahmen genau nach dem Koran leben und keine geistigen Getränke genießen. Diesem Umstande ist meines Erachtens ihre Ausdauer, ihre körperliche Frische und ihre große Willenskraft zuzuschreiben." Es erfroren bekanntlich Karl Xii. auf einem kurzen Zuge nach Gladitsch 3000 bis 4000 Mann, die sich mit Branntwein gegen die Kälte gestärkt hatten. Seit langem ist den russischen Soldaten bei Wintermärsche rr

7. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 39

1913 - Leipzig : Hahn
39 der Wutki strengstens untersagt. Die Nordpolfahrer Weyprecht, Roß, Nansen und andere bekunden übereinstimmend, daß man nur bei Meldung alles Alkohols gegen die große Kälte gewappnet sei. „Aber mir ist so schrecklich heiß/ erwidert mir ein anderer, „ich trinke gegen die Hitze." Der Sprecher scheint keine Erfahrung über Strapazen in der Hitze zu haben. Livingstone, der Jahrzehnte im heißen Afrika zubrachte, schreibt: „Ich habe über 20 Jahre nach dem Grundsätze der völligen Enthaltsamkeit gelebt; meine Meinung ist, daß die schwersten Arbeiten, die größten Strapazen ohne alkoholische Getränke ertragen werden können." Dasselbe be- stätigen andere Afrikareisende, wie Peters, Emin Pascha, Graf v. Götzen, Stanley u. a. Es gibt in den Tropen keinen besseren Zustand für den Europäer als gänzliche Enthaltsamkeit von allen geistigen Getränken. „Ich muß schwer arbeiten und brauche den Schnaps, den Wein und das Bier" — so reden diejenigen, die von Jugend aus gewohnt sind, die Flasche mit zur Arbeit zu nehmen und die noch nie gehört haben, daß Alkohol nicht stärkt, sondern nur antreibt, indem er das Müdigkeitsgefühl betäubt. Alkohol ist stets nur „Peitsche", nie aber „Hafer". „Die augenblickliche Stärkung ist ein Pendelschlag," sagt Prof. Binz, „dem naturgemäß der entsprechend starke Ausschlag nach der anderen Seite folgt; der Gegenausschlag aber ist die Lähmung." Überall, wo große, andauernde körperliche Arbeit geleistet werden soll, wird der Enthaltsamkeit gehuldigt. Rad- fahrer, Schwimmer, Reiter, Ruderer leben während ihrer Trainier- zeit ohne Alkohol, um ihre Leistungsfähigkeit aufs höchste zu spannen. „Nehmt keinen Alkohol, wenn ihr einen Treffer erzielen wollt", sagen die Schweizer Schützen und leben wochenlang vor dem Preisschießen enthaltsam. — „Gebraucht keinen Alkohol, wenn ihr ein guter Ball- spieler sein wollt", sagte Grace, der Meister von England. — „Gebraucht keinen Alkohol, wenn ihr ein guter Fußgänger sein wollt", sagte Weston, der die halbe Welt zu Fuß bereift hat. — „Ge- braucht keinen Alkohol, wenn ihr ein guter Reiter sein wollt", sagte Houlan, der alle Reiter hinter sich' ließ. — „Gebraucht keinen Alkohol, wenn ihr ein guter Schwimmer sein wollt", sagte Kapitän Webb, der den Kanal durchschwommen hat. — Nur du allein sagst: Ich bringe meine Arbeit ohne Alkohol nicht fertig. Was man als erregende Wirkung des Alkohols ansah, hat die Wissenschaft als Lähmung erwiesen: Der rote Kopf und die blaue Nase des Trinkers sind nur eine Folge von Lähmung der Nerven und der Muskeln. „Aber ich bin schwach und muß mich stärken, ich brauche ein kräftiges, gutes Nährmittel, darum trinke ich Wein und Bier." Und dazu benutzt du ein Gift?! Alkohol ist ein schweres Gift für den Menschen; dies ist eine allgemein anerkannte wissen- schaftliche Tatsache. Früher schrieb man dem Alkohol fälschlicher--

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 41

1913 - Leipzig : Hahn
41 gaben, durch welche die Erwerbsfähigkeit gehemmt wird. Man will Kummer und Sorgen bekämpfen, und statt zum wahren Freunde zu gehen, der einen mit Rat und Tat unterstützt, geht man zu falschen Freunden in die Kneipe, die einem sagen: „Du bist nicht schuld, sondern die heute herrschenden sozialen Einrichtungen, und die dem Trostsuchenden einen Fußtritt geben, sobald er seine Wirtshaus- rechnung nicht mehr bezahlen kann." Die letzte Ausrede des Alkoholfreundes ist die schwerwiegendste: „Mein Beruf erlaubt es mir nicht, mich des Alkoholgenusses zu enthalten." Damit wälzt er die Schuld von sich ab und stempelt sich zum Märtyrer. Die Statistik weist nach, daß es keinen Beruf gibt, in dem man nicht ohne Alkohol leben kann. Alle Einwendungen der Alkoholfreunde schrumpfen in ein Nichts zusammen, es sind Ausflüchte und Beschönigungen; wer offen und ehrlich sein Glas verteidigen will, sage doch lieber: Ich trinke Wein und Bier, weil ich gern trinke, oder weil ich mich schäme, etwas anderes zu trinken. Der Alkohol, wie er im Wein, Bier und Schnaps getrunken wird, ist also durchaus unnötig, und das viele Geld ist nutzlos vergeudet. Deutschland gibt in jedem Jahre 3 Milliarden Mark für Alkohol aus, doppelt soviel als der gesamte Reichshaushalt aus- macht. Während die ganze Steuer auf den Kopf der Bevölkerung 25 M beträgt, gibt unser Volk pro Kopf 50 M für Alkohol aus. Und mehr als 150000 Deutsche führt der Alkohol jährlich vor den Strafrichter. Wieviel Elend und Not enthalten diese trockenen Zahlen! Wenn es doch nur vergeudet wäre, aber Alkohol ist ein Gift und eine Ursache vieler Erkrankungen. Charles Darwin sagt: „Durch meine, meines Vaters und meines Großvaters lange Erfahrungen... die sich über mehr als ein Jahrhundert erstrecken, bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß keine andere Ursache so viel Leiden, Krankheit und Elend erzeugt als der Genuß alkoholischer Getränke." Dieselbe Ansicht haben die berühmtesten Professoren und Ärzte. Alle Organe des Menschen werden von diesem Gifte in ihren Verrichtungen gestört und krankhaft verändert. Der chronische Katarrh des Rachens und der chronische Magenkatarrh des Trinkers sind allgemein bekannt. Daß die unheilbaren Nieren- und Leber- leiden zum großen Teil Folgen des Alkohols sind, hat leider schon mancher zu spät erfahren müssen. Als Nervengift kennzeichnet sich der Alkohol schon durch seine lähmende Wirkung am Gehirn. Es gibt keine Nervenkrankheit, wobei nicht der Alkohol als ursächliches Moment eine Rolle spielte. Im Berliner Krankenhaus werden jähr- lich 5 bis 600 an Säuferwahnsinn leidende Kranke ausgenommen, ab" gesehen von den vielen anderen Nervenkranken. Nach vr. Franz Schönenberger.

9. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 48

1913 - Leipzig : Hahn
48 viele Arbeit noch getan wird, die nichts ftagt nach Geld und Geldes- wert, die ihren Lohn trägt in sich selbst. Das ist der Segen der Arbeit, daß sie mit Selbstzufrieden- heit jeden rechten Arbeiter schmückt, wie einen König seine Krone." Mahraun. 29. Pom Sparen. Spare! Mit den fünf Buchstaben wäre manchem, der's nur einmal probieren wollte, sicherlich geholfen. Für viele aber ist's eine harte Nuß, die sie nicht knacken mögen. Darum haben sie aber auch zuletzt nichts zu beißen und zu brechen. Sparen soll ich, sagt der eine; aber wovon? Zinsen und Renten beziehe ich nicht; wovon soll ich mir also etwas abbrechen? — Erstlich: von deinem Hab und Gut sollst du dir etwas abbrechen, von deinem Einkommen und Erwerb, von deinem Verdienst und Tagelohn- Und zweitens: an Mund und Kleid, an Magen und Kragen sollst du's ersparen. Wer Geld und Gut denkt zu erlangen, muß erstlich mit dem Mund anfangen. Sparen soll ich, sagt der andere; aber wieviel? Die Er- sparnisse von meinen sechs Dreiern sind nicht der Rede wert und können nichts helfen. — Aber viele Bäche machen einen Strom, viele Körner machen einen Haufen, viele Federn ein Bett, viele Reiser einen Besen. Wer das Kleine nicht acht't, dem wird das Große nicht gebracht. Ich kenne einen Herrn Haltzurat, der früher mit Schiefersüften, Siegellack und anderen Kleinigkeiten im Kasten mit gutbeschlagenen Schuhen durch die Dörfer zog, und jetzt hat er einen großen Kramladen und int Geld auf Zins aus. Mit ehrlichen Pfennigen hat der Mann sein Sparen angefangen; denn er wußte, daß hundert kupferne Pfennige auch eine Silbermark ausmachen. Sparen soll ich, sagt der dritte; aber wann? Heißt es doch: „Freut euch des Lebens, weil noch das Lämpchen glüht!" Lasten wir also das Sparen, bis die Lust gebüßt ist und die Rosen auf den Wangen abblättern. — Soll ich antworten? Spare beizeiten, ehe es zu spät wird, ehe es auf die Neige geht mit deinem Vorrat und mit deiner Kraft, etwas zu erwerben. Spare in den Sommer tagen für die Winter- tage des Lebens. Jeder gesunde Mensch hat wenigstens einmal im Leben feine Sommer- und Erntezeit. In jungen Tagen baut man sich für das Alter die Hütte. „Wenn man im Rohre sitzt, muß man die Pfeifen schneiden." Sparen soll ich, fragt Nachbar Ratlos; aberwo es lassen? Ist bei dir zu Stadt und Land keine Sparkaste und der Sparpfennig in deinem eigenen Gewahrsam nicht sicher, so mache einen wohlhabenden

10. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 50

1913 - Leipzig : Hahn
50 drei Stunden Zeit, deine zweitausend Gulden herauszunehmen. Tue mir — das heißt, dir und deiner Braut, den einzigen Gefallen und kaufe Wertpapiere. Siehst du, die da, die besten und sichersten, die es geben kann. Nicht einen Tag sollst du säumen, denn das Papier steigt ganz rapid; jeder Tag, den du deinen Schmarrn in der Sparkasse noch länger liegen lässest, ist ein Verlust, ein Verbrechen an deiner künftigen Familie. Peter, ich habe dich immer lieb gehabt, ich werde dich verlieren, das weiß ich ja, daß der Freund nichts mehr ist, sobald er die Seinige unter Dach hat. Aber ein bißchen zu Dank verpflichten möchte ich dich gerne vorher, und deinen Kindern sollst es einstmals sagen: Wenn der Philipp nicht gewesen wäre! Dem Philipp habt ihr den Wohlstand zu verdanken. So geh' doch, jetzt! Die Bank ist bis drei Uhr offen. Bei Löwe und Stern, Ecke der Herrenstraße. Soll ich dir's aufschreiben? Nein, ich will dich lieber an der Ecke erwarten. Wir können dann auf die Abendbörse gehen. Servus." Ich ging fort. Wie kommt mir heute der Philipp vor? Er ist doch sonst nüchtern und gewissenhaft. Sollte ihn auch das Gewinnfieber erfaßt haben? Man hört, daß es jetzt so arg wütet. Nein, mir tut's nichts. Ansteckende Krankheiten fürchte ich nicht viel. Zur Sparkaffe ging ich natürlich nicht. Das Bissel, was drin liegt, soll liegen bleiben. Ich weiß nicht einmal, wie man dazu kommt, daß es fünf Prozente trägt, ohne daß man einen Finger zu rühren braucht. Irgendwo muß sich doch was rühren, daß es so wächst. — Ich dachte nicht weiter dran und ging nach Hause. Als im nächsten Frühjahre der Hochzeitstag in die Nähe kam, als alles in der Stadt blühte, nobel lebte, während ich das neue Heim nur ganz einfach einrichten konnte, da fiel mir wohl ein paarmal ein: Wenn du dem Philipp gefolgt hättest! Die Papiere stehen schwindelnd hoch, ohne jede besondere Spekulation hätte sich das kleine Vermögen verzwei- sacht. Bei anderen hat es sich verfünffacht seit einem Jahre. Wenn man einigermaßen Mißtrauen hat, so kann man die Scheine ja recht- zeitig verkaufen. Es soll ja überhaupt keine Gefahr sein. Der politische Horizont ist völlig klar, alle Geschäfte gehen glänzend. Wenn man halt keinen Mut hat, bleibt man ein armer Teufel. — Die Vorbereitungen zur Hochzeit ließen weitere Skrupel nicht auf- kommen. Am dreizehnten Mai endlich sollte die langersehnte Stunde sein, die uns einander gab. Da war es vier Tage vorher, gegen Abend, daß mein alter Kamerad Philipp ganz verstört durch die Gasse lief, mich anstieß und, ohne „Pardon" zu sagen, davonhastete. Er hatte mich gar nicht erkannt. Auch andere hatten es heute besonders eilig, und an den Ecken standen Menschengruppen, die heftig miteinander sprachen und mit den Armen hin und her fuhren. — War etwas geschehen? — „Es kann nur vorübergehend sein!" hörte ich sagen. „Es erholt sich wieder." „Nein, das erholt sich nicht, das ist eine Katastrophe!" — Ein Börsensturz. — Am letzten Tage vor der Hochzeit ging ich in den Abendstunden
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